Rundfunkgeschichte vom 21. November

Ein phänomenaler Aufstieg und ein tiefer Fall – das Leben des Radiomoderators Alan Freed kann man so zusammenfassen. Der Tag, an dem alles kippt, ist der 21. November 1959. An diesem Tag wird Freed von seinem Sender WABC-AM gefeuert, weil er sich weigert, eine Erklärung zu unterschreiben, dass er niemals Geld oder Geschenke für das Abspielen von Schallplatten im Radio erhalten habe. Seine Weigerung und sein hoher Bekanntheitsgrad machen ihn zum Hauptsündenbock im sogenannten Payola-Skandal.

Die Bezeichnung Payola setzt sich aus den Worten pay (bezahlen) und Victrola (Plattenspielersystem) zusammen und steht für den Vorgang des „pay for play“ (engl.: „bezahlen für das Abspielen“). Es geht darum, dass eine Plattenfirma die DJs und Redakteure von Radio- und Fernsehsendern schmiert, damit diese ein bestimmtes Lied häufiger spielen. Das steigert die Popularität eines Songs und damit die Plattenverkäufe.

Ein halbwegs bekannter DJ kann in den 1950er Jahren 50 Dollar pro Woche und Platte einstreichen, die einflussreicheren DJs bekommen Anteile an den Einnahmen lokaler Konzerte, aufwendige Reisen, kistenweise kostenlose Platten. Joe Finan, DJ aus Cleveland, beschreibt es später
so: „Es war eine Mischung aus Alkohol, Weibern und Bestechungsgeldern.“

Ein Ausschuss des US-Kongresses befasst sich mit der illegalen Praxis.
Dick Clarke, Moderator der Fernsehshow „American Bandstand“ bekannt und eine einflussreiche Person in der Rock-’n’-Roll-Szene, gibt sich reumütig, verkauft seine Geschäftsanteile, sein Name wird reingewaschen.

Alan Freed dagegen weigert sich, zuzugeben, dass Payola eine illegale oder auch nur unmoralische Praxis ist. Freed kommt zwar mit einer Geldstrafe und einer Gefängnisstrafe auf Bewährung davon, aber er ist erledigt. Fünf Jahre später stirbt er an den Folgen seines exzessiven Alkoholkonsums, pleite und praktisch vergessen. Er hinterlässt seine vier Kinder Sieglinde, Alana, Alan Jr. und Lance.

Aber Alan Freed ist der erste Radio-DJ gewesen, der die neue Rockmusik unterstützte und im Mainstream-Radio ausstrahlte. Er erklärte es so:
„Rock’n’Roll ist eigentlich Swing mit einem modernen Namen. Er begann auf den Dämmen und Plantagen, nahm Volkslieder mit auf und hat auch Blues und Rhythmus.” Er spielte auch Musik von afroamerikanischen Künstlern und nicht die „weißen“ Cover-Versionen, er organisierte Konzerte und schaffte es so, Brücken zu bauen.

Dafür wird er noch immer verehrt – und 2016 hat er einen Gedenkstein bekommen, im Lake View Cemetery im US-Bundesstaat Ohio. Auf dem Granitstein ist auf der einen Seite ein Bild des Mannes zu sehen, der den Begriff „Rock’n’Roll“ prägte, auf der anderen eine Juke Box.